Atom: Code-Editor wird defi­ni­tiv einge­stellt

Der Code-Editor Atom geht dem Sonnen­un­ter­gang entge­gen (Bild: Pexels/​Pixabay).

Wer – wie ich – den von GitHub entwi­ckel­ten Code-Editor Atom zur Webent­wick­lung nutzt, wird dieser Tage beim Anwen­dungs­start mit dem Hinweis „We are sunset­ting Atom“ begrüßt. Wer dabei an ein Program­mie­ren im male­ri­schen Abend­rot denkt, muss sich jedoch auf eine herbe Enttäu­schung gefasst machen.

Denn das „den Sonnen­un­ter­gang ausset­zen“ beinhal­tet keines­wegs etwas Roman­ti­sches. Viel­mehr bedeu­tet es, dass die weite­re Entwick­lung des Editors einge­stellt wird. Als Stich­tag hier­für gilt der 15. Dezem­ber 2022. Hier­nach werden alle Repo­si­to­ri­en, die unter github.com/atom orga­ni­siert sind, archi­viert.

Zwar soll der Down­load von bereits kompi­lier­te Atom-Builds auch in Zukunft noch möglich sein. Es ist jedoch damit zu rech­nen, dass auch Atoms offi­zi­el­le Websei­te (atom.io) über kurz oder lang einge­mot­tet wird. Darüber hinaus werden zum Stich­tag hin auch bestimm­te Diens­te – wie zum Beispiel das für Erwei­te­run­gen wich­ti­ge Paket­ma­nage­ment – abge­schal­tet, sodass der Code-Editor in Zukunft deut­lich an Funk­tio­na­li­tät und Komfort einbü­ßen wird.

Warum wird Atom einge­stellt?

In einem bereits im Juni 2022 öffent­lich gemach­ten State­ment nennt GitHub als Grund für die Einstel­lung unter ande­rem das nach­las­sen­de Enga­ge­ment der Entwick­ler-Commu­ni­ty. So seien zuletzt vor allem nur noch Wartungs- und Sicher­heits­up­dates veröf­fent­licht worden; wirk­li­che Neue­run­gen sollen hinge­gen kaum noch den Weg in den Code-Editor gefun­den haben.

Ein Blick auf die Statis­tik der Code-Contri­bu­ti­ons scheint diese Aussa­gen zu unter­mau­ern:

Verlauf der Code-Contri­bu­ti­ons bei Atom (Quel­le: GitHub).

Aus Sicht von GitHub begrün­det sich das nach­las­sen­de Inter­es­se vor allem in den Aufkom­men neuer Cloud-basier­ter Tools. Dass sich das Unter­neh­men mit dieser Aussa­ge vor allem auf das eige­ne Produkt GitHub Code­spaces bezieht, wird bei der weite­ren Lektü­re des State­ments schnell klar.

Die ganze Wahr­heit?

Hinzu kommt, dass mit dem von Micro­soft entwi­ckel­ten Visu­al Studio Code der Commu­ni­ty ein weite­rer Code-Editor zur Verfü­gung steht, der sich darüber hinaus der Gunst von GitHub erfreu­en kann. Warum das so ist? Dazu braucht es nicht viel Fanta­sie – denn das Unter­neh­men selbst ist seit 2018 Bestand­teil des Micro­soft-Konzerns.

Seit­dem wurde an verschie­de­nen Stel­len, wie beispiels­wei­se auf Quora (hier, hier und hier), Reddit (hier und hier) oder DEV (hier), dahin­ge­hend disku­tiert, ob Atom unter dieser Voraus­set­zung über­haupt noch eine reel­le Zukunft vor sich haben würde. Wie wir nun wissen, soll­ten dieje­ni­gen, die bereits vor vier Jahren ein lang­sa­mes Ausschlei­chen des Code-Editors als das wahr­schein­lichs­te Szena­rio ange­nom­men haben, am Ende recht behal­ten.

Und wie geht es jetzt weiter?

Die meis­ten Entwick­ler werden wahr­schein­lich den Weg des gerings­ten Wider­stan­des wählen und zu dem von GitHub respek­ti­ve Micro­soft favo­ri­sier­ten Visu­al Studio Code wech­seln. Zumin­dest lässt sich dies aus Abstim­mun­gen und Beiträ­gen in Diskus­si­ons­fo­ren sowie einschlä­gi­gen Blogs schlie­ßen.

Abstimmung auf Reddit.
Beispiel: Abstim­mung auf Reddit.

Grund­sätz­lich ist diese Entschei­dung nicht verkehrt. Beide Edito­ren sind Open Source, basie­ren auf dersel­ben Basis (Elec­tron) und lassen sich weit­rei­chend konfi­gu­rie­ren. Hinzu­kommt: Viele für Atom entwi­ckel­te Erwei­te­run­gen wurden gleich­sam auch für Visu­al Studio Code portiert.

Doch es muss nicht zwin­gend Visu­al Studio Code sein. Bereits jetzt stehen sowohl kosten­lo­se wie auch kosten­pflich­ti­ge Alter­na­ti­ven zur Verfü­gung. Darüber hinaus stehen weite­re viel­ver­spre­chen­de Code-Edito­ren unter akti­ver Entwick­lung. Hier eine klei­ne Über­sicht, die keinen Anspruch auf Voll­stän­dig­keit erhebt:

  • Brackets: Ein unsprüng­lich von Adobe initi­ier­tes Open Source-Projekt, dass ich selber bereits in Verwen­dung hatte und posi­tiv in Erin­ne­rung habe. Link: brackets.io
  • Subli­me Text: Dieser Code-Editor kann kosten­los herun­ter­ge­la­den und evalu­iert werden. Wer ihn regel­mä­ßig einsetzt, soll­te die Lizenz­kos­ten (derzeit rund 95 Euro) nicht scheu­en, um in den kommen­den drei Jahren mit Updates versorgt zu werden. Link: www.sublimetext.com
  • JetBrains Fleet: Von diesem Code-Editor exis­tiert bislang nur eine Public Preview, die jedoch frei genutzt werden kann. Das endgül­ti­ge Produkt wird sicher­lich kosten­pflich­tig und – gemes­sen an den Prei­sen ande­rer JetBrains-Produk­te – vermut­lich nicht gera­de kosten­güns­tig sein. Link: www.jetbrains.com/fleet/
  • Zed: Dieses Projekt befin­det sich noch in den Kinder­schu­hen. Was es aber so viel­ver­spre­chend macht, ist die Tatsa­che, dass es Nathan Sobo, bis 2018 Leiter des Atom-Entwick­ler­teams bei GitHub, initi­iert wurde. Ange­dacht ist die Entwick­lung eines kosten­frei­en Stand-alone-Editors. Optio­na­le Features wie beispiels­wei­se die Kolla­bo­ra­ti­on von Teams sollen hinge­gen über ein Abo-Modell zu erwer­ben sein. Link: zed.dev
  • Pulsar: Wenn ein Code-Editor den Titel des direk­ten Nach­fol­gers und Thron­er­ben für sich bean­spru­chen kann, dann wohl dieser. Das ist auch kein Wunder, handelt es sich hier­bei schließ­lich um einen von der Commu­ni­ty weiter­ge­führ­ten Fork. Der Weg zum Build gestal­tet sich zwar gegen­wär­tig noch ein wenig unüber­sicht­lich (Edit: jetzt nicht mehr), das Produkt selbst (zurzeit in der Versi­on 1.63) kann sich bereits jetzt schon sehen lassen. Link: pulsar-edit.dev

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